Mai 2009

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Zu schnell für den Fotographen: Claudia entschwindet am Horizont

Halbmarathon. Im Februar war Claudia bekanntlich einem Fitness-Club beigetreten. Spielte anfangs, zugegeben, auch der Gedanke mit, mal für zwei Stunden die Kinder in die Obhut anderer geben zu können, so entwickelt der Gang auf's Laufband recht bald Eigendynamik: Claudia diskutiert mit Freunden und Bekannten deren Laufroutinen, surft im Internet nach Informationen über anstehende Lauf-Events, und druckt schließlich den Trainingsplan für den Sydney-Halbmarathon aus, an den sie sich akribisch hält. Die Teilnahme als Ziel vor Augen, geht sie bis zu vier Mal die Woche ins "Gym" und spult dort zehn Kilometer und mehr auf dem Laufband herunter.

Doch die Teilnahme am offiziellen Halbmarathon erfordert mehr: Man muss in aller Frühe in der Stadtmitte sein. Wie kommt man da hin, wo parkt man, wird Peter alleine die Kinder im Griff haben? Zu viel Aufwand — und überdies müssen noch $100 Startgebühr gezahlt werden. Claudia beschließt, ihren "eigenen" Halbmarathon zu rennen.

Da kommt es gerade recht, dass ihre Bekannte Emma sie zu einem 19km- Vorbereitungslauf in den Stadtteilen um unser Zuhause einlädt. Claudia rennt mit, merkt sich die Route und ergänzt sie am heimischen PC noch um ein paar Schnörkel. Und als am 17. Mai mehr als 8500 Läufer durch die Innenstadt Sydneys rennen, absolviert sie zeitgleich ihren ganz privaten Halbmarathon. Einziger Fan entlang der Strecke ist Peter, der bei Kilometer 8 wild mit den Armen fuchtelnd steht und ein paar Fotos macht. Als Claudia nach 21,0975 km als Erste — und, naja, Einzige ... — die Ziellinie überquert, ist von einem Verfolgerfeld weit und breit nichts zu sehen. Übrigens auch nicht von Peter, denn der war pflichtbewusst nach Hause zurückgekehrt und hatte Mittagessen für die hungrige Athletin vorbereitet.

Niklas auf dem Spielplatz

Hand-me-downs (oder: "Wo ist Jonas?")

3P. Die Deutschen mögen die Vereinsmeierei vervollkommnet haben; unbekannt ist sie aber auch in Down Under nicht. Und so sind wir als stolze Zwillingseltern natürlich Mitglieder der "Australian Multiple Birth Association", in der sich Zwillings-, Drillings-, Vierlingseltern austauschen (und ihr Schlaflose-Nächte-Leid klagen ...). Die regionale Gruppe ist sogar sehr aktiv. Bald schon wird Claudia als "Equipment Officer" vergattert, und auf unserem Dachboden stapeln sich Kindersitze, Stillkissen und Milchpumpen, die andere Mitglieder gegen eine kleine Gebühr ausleihen können.

Eine feste Institution sind die freitäglichen 3P-Treffen zehn Fußminuten von uns entfernt, zu denen Claudia regelmäßig geht. Peter, der diese Episode schreibt, hat schon wieder vergessen, wofür das Kürzel steht ... Eines der P's bedeutet wohl "play", spielen. Jedenfalls können Jonas und Niklas auf dem Kindergartenareal recht sicher herumkrabbeln und die Welt (bis zum Zaun) erkunden, während Claudia Kaffee trinkt, Kuchen isst und sich mit anderen Mehrlingseltern unterhält. Außerdem gibt es eine rege Tauschbörse, in der "Hand-me-downs" weitergereicht werden: Spielsachen und Kleidungsstücke, aus denen die Älteren herausgewachsen sind. Regelmäßig kommt Claudia mit tütenweise "Beutegut" nach Hause, das Niklas und Jonas auf dem Spielplatz auftragen können. Denn mit erhöhter Mobilität der beiden geht ein erhöhter Verschleiß einher.

Noch ist's geheim

Der Minister schreitet zur Tat

Klar zu erkennen: Claudias Eintrag auf der Wand

Welcome Wall. Im Oktober 2008 war Claudia bekanntlich australische Staatsbürgerin geworden. Im Mai 2009 wird dem noch ein Sahnehäubchen aufgesetzt.

In Darling Harbour, direkt neben dem Australian National Maritime Museum, steht der "Welcome Wall", eine Granitwand mit Namen von Einwanderern. Zum Geburtstag hatte Peter Claudia einen Eintrag auf diesem Symbol für Australiens vielschichtige Bevölkerungsstruktur geschenkt. Und nun im Mai ist es soweit: Es sind genug Namen für einen weiteren Mauerabschnitt zusammengekommen.

Mit Kind und Kegel und bestens ausgerüstet wie immer machen wir uns am letzten Sonntagvormittag auf den Weg, der Eröffnung beizuwohnen. Akkordeonspieler präsentieren Melodien aus aller Welt, ein Kinderchor stimmt die Nationalhymne an, und der Minister für Einwanderung, Peter Garrett — besser bekannt als ehemaliger Lead-Sänger der Gruppe "Midnight Oil" — hält eine Ansprache. Stellvertretend für die vielen hundert neuen Namen auf der Wand erzählen drei Einwanderer von ihren Erfahrungen. Und endlich ist es soweit: Mit Schere bewaffnet schreitet Peter Garrett zur Tat und enthüllt das neue Mauerstück, und kurz danach drängeln auch wir uns davor. Wenn Ihr mal nach Sydney kommt, Wandstück 52, Reihe 5, Spalte 1 — da steht Claudia nun gelistet. Und in der Museumsdatenbank kann man ein wenig Hintergrundinfo, begrenzt auf 250 Zeichen, abrufen.