Januar 2012

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Da sah man das Wasser noch ...

Silvester. In diesem Jahr gilt es, die Interessen von 7 Personen unter einen Hut zu bekommen: Niklas und Jonas wollen das Feuerwerk anschauen, sollen aber andererseits nicht zu spät ins Bett. Christian ist nicht nach Sydney gereist, um den Jahreswechsel zu verschlafen. Gisela und Pico haben "schon genug Feuerwerke gesehen" und machen sich aus einem mehr oder weniger nichts. Und Claudia und Peter? Die wollen zumindest ein Feuerwerk sehen, sind sonst aber allen Schandtaten gegenüber aufgeschlossen. Daher ist Silvester 2011/12 eine Mischung der Jahreswechsel vor Niklas & Jonas und denen danach.

Wie in den Vorjahren fahren wir vier "Australier" für das 21-Uhr-Familienfeuerwerk nach Clarkes Point auf der Hunters Hill-Halbinsel im Hafen, diesmal aber mit zwei Autos und Christian im Schlepptau. Und natürlich haben wir Knabbereien und Getränke dabei. Silvester bei Clarkes Point, das ist wieder tiefblauer Himmel, der sich zunehmend rot färbt, das sind Picknickdecken bis an die Ufermauer, Verkaufsstände mit Eiskrem und Crepes, Kinder mit fluoreszierenden Armbändern und über allem eine gespannte Erwartung und Vorfreude. Im Gegensatz zu 2010/11 genießen wir diesmal alle, einschließlich Jonas, das Geböllere, welches mal wieder spektakulär ist und einen undurchdringlichen Nebel über dem kurz zuvor noch bunte Lichter und beleuchtete Hochhäuser reflektierenden Wasser hinterlässt.

Ein Shuttle-Bus bringt uns fünf zurück zum Parkplatz am Eingang der für Autos heute gesperrten Halbinsel. Für Claudia, Jonas und Niklas endet die Party nun leider. Sie fahren zurück nach Hause, wo sie übrigens eine Gisela und einen Pico antreffen, die selig in das Jahr 2012 hineinschlafen. Was Niklas und Jonas, die während der Fahrt eingeschlafen sind, allerdings auch entgeht.

Christian und Peter haben sich unterdessen auf den Weg nach Drummoyne gemacht, das Auto abgestellt und sich vom Bus auf die (ebenfalls gesperrte) Halbinsel Balmain bringen lassen, Claudias und Peters frühere Heimat. Ihr Ziel ist Balmain East genau gegenüber der Harbour Bridge, wo Claudia und Peter bereits einmal den Jahreswechsel begangen hatte, damals bei einer Party bei unserer Freundin Vanessa. Witzigerweise rennen Christian und Peter auf dem Fußweg Richtung Landspitze unter hunderttausenden von Besuchern just in diese Vanessa nebst deren Partner Robert! Nach einem letzten Bierchen in 2011 machen wir uns gemeinsam auf die letzten Meter Richtung Balmain East, wo das Feuerwerk noch mehr "Wow" hat als das um 21 Uhr.

Der Heimweg gestaltet sich etwas umständlicher als geplant: Peter übersieht, dass der Bus, welcher ihn und seinen Bruder zum Auto bringen soll, an diesem speziellen Abend weniger Stopps auf seiner Route hat als gewöhnlich. Die entscheidende Haltestelle erst mal verpasst, geht es schnurstracks über die Anzac Bridge Richtung Osten. Fünf Kilometer später finden sich die beiden in der Innenstadt wieder. Größte Herausforderung ist es nun, der Versuchung zu widerstehen, das neue Jahr mit einem 2-Uhr-morgens-Döner willkommen zu heißen. Der nächste Bus bringt Christian und Peter stattdessen endlich zum Auto.

Trotz dieses kleinen Lapsus ein gelungener Jahreswechsel. Ob wir etwas ändern würden? Ja, warum eigentlich nicht das neue Jahr mit einem Döner begrüßen?

Welcher Gegenwind?

Jervis Bay nach Jervis Bay. Anfang Januar macht Claudia ihr Vorhaben wahr: Wenn schon mal die Schwiegereltern, und damit zwei weitere Babysitter, im Hause sind, will sie für ein paar Tage in die Wildnis ausbüchsen. Wie Megan und Ian, der auch ein Jahr zuvor dabei gewesen war, packt sie ihr Kajak und die Camping-Ausrüstung, um in einer knappen Woche von Jervis Bay die gut 100 Kilometer nach Batemans Bay zu paddeln. An sich kein Problem — wäre da nicht die Wettervorhersage an Tag 2 des Trips. Doch davon gleich.

Die Tour beginnt vielversprechend: Südlich, gleich außerhalb von Jervis Bay, setzt sich die gleiche spektakuläre Felsenküste fort, entlang der wir auf der Nordseite der Bucht schon mehrfach gepaddelt waren, z.B. im Januar 2007. Tiefe Einschnitte in den Felsen laden zum Erkunden ein. Abends landen die drei an einem kleinen, verlassenen Strand und schlagen die Zelte auf. Per VHF-Funk sind sie mit der Küstenwache in Verbindung und lauschen der regelmäßigen Wettervorhersage, die starke Gegenwinde aus Süden prophezeit! Die drei beschließen daraufhin, bereits auf halbem Weg in Ulladulla an den Ausgangspunkt zurückzukehren. Immerhin bleibt ihnen dadurch das logistische Problem erspart, wie sie sonst zu den Autos in Jervis Bay kämen.

Es kommt, wie es kommen musste, und die versprochenen Süd-, nun also Rückenwinde entpuppen sich als Nordwinde ... Den drei bleibt nichts übrig, als sich gegen Wind und Regen zu stemmen und zu versuchen, sich nach Norden vorzuarbeiten — was sie nach zähem Ringen auch schaffen. Ihr Ziel ist das St Georges Basin, eine riesige Lagune gerade südlich von Jervis Bay. Denn um der Abwechslung willen wollen sie denn doch nicht genau an den Ausgangspunkt zurückkehren.

Jervis Bay oder St Georges Basin, unterm Strich ist das Resultat dasselbe: Eine Umrundung der Landzunge zwischen diesen beiden Gewässern mit einem absurd anmutenden Abstecher nach Süden gen Ulladulla. Aber Hauptsache, Spaß und nette Gesellschaft gehabt! Und das hatten die drei.

Wer mag, kann sich Ians Zusammenfassung des Trips (auf Englisch) unter ianvaile.blogspot.com.au durchlesen. Und auch wer mit dem Englisch nicht so klar kommt, findet dort ein Video sowie viele Fotos über das Abenteuer.

Eine Seefahrt, die ist lustig

Kanufahren im Lane Cove Nationalpark. Der Lane Cove Nationalpark, an dem unser Haus liegt, zieht sich wie eine 30 Kilometer lange grüne Lunge von Sydneys Stadtteil Pennant Hills im Nordwesten bis an den Hafen nach Hunters Hill. Entlang dieser Achse verläuft der Great North Walk, ein Wanderweg, der Sydney mit Newcastle verbindet und insgesamt 250 km misst. Etwa 8 km von unserem Heim entfernt befindet sich das Herz des Nationalparks mit Besucherzentrum und vor allem Picknick-Plätzen mit Grillmöglichkeiten. Dort ist auch der Lane Cove River, auf der Höhe unseres Hauses nur ein wenige Meter schmaler Bach, dank Stauwehr viel breiter und "bepaddelbar" wie ein Teich in einem deutschen Kurpark. Die perfekte Stelle, unsere neueste Errungenschaft auszuführen: ein Kanu, in dem wir alle vier Platz finden.

Während Peters Urlaub zwischen den Jahren packen wir also Picknick-Zutaten, Fleischklopse, Kind und Kegel ins Auto, Kanu auf's Dach. Die drei Männer Pico, Christian, Peter wollen den Fußweg in Angriff nehmen. Peter erinnert sich, wie spektakulär der ist mit Felsüberhängen und Blicken auf's Wasser. Was vor seinem geistigen Auge allerdings verschwommen ist, ist die Qualität des Weges ... Der ist alles andere als ein Spaziergang durch einen deutschen Kurpark. Immer wieder muss man über Felsen klettern oder sich neu orientieren. Entsprechend dauert die Wanderung, für die zwei Stunden angesetzt waren, eine gute Stunde länger.

Am Ziel angekommen, warten Gisela, Claudia, Niklas und Jonas sowie eine Schar hungriger Kookaburras bereits mit Gegrilltem. Die vier haben schon eine erste Kanutour hinter sich. Die holen Peter und Christian nach dem Essen nach. Auf den Heimweg zu Fuß hat anschließend keiner so recht Lust, und folglich steigen wir alle sieben in die wartenden Autos.

Erinnerung an die Kommune

Der Besuch nimmt Abschied. Im zweiten Januardrittel machen sich mit wenigen Tagen Abstand erst Christian, dann Gisela und Pico auf den Heimweg. Fünf bzw. sieben Wochen hatten sie bei uns verbracht. Unter dem Strich eine harmonische Erfahrung — oder zumindest harmonischer als man befürchten könnte ... —, aus der alle ohne blaue Augen, Hautabschürfungen, Stichwunden oder sonstige Blessuren hervorgehen. Trotzdem genießen wir auch ein wenig die wiedergewonnene Freiheit, die Füße auf den Tisch legen zu können, in der Nase zu puhlen, beim Essen exzessiv zu rülpsen — Motto: "das nenne ich Körperbeherrschung! Jeder andere hätte gekotzt." —, ein Gläschen zu viel zu trinken und all die anderen Dinge zu tun, die uns zur zweiten Natur geworden sind :-), die Höflichkeit aber wochenlang verwehrt hatte. Mal ganz davon abgesehen, dass wir uns besagtes Gläschen ja mit drei Mittrinkern hätten teilen müssen. Auch unsere Besucher haben etwas, worauf sie sich zuhause freuen können: sei es der kleine Hund oder die neue Wohnung (wenn nur der Umzug nicht wäre ...!)

Und so verabschieden wir uns mit einem weinenden und einem lachenden Auge und in der Absicht, dieses Wiedersehen eines nicht zu fernen Tages zu wiederholen.

Beisst der?

Australia Museum. Mittlerweile sind Niklas und Jonas in der "Warum-Phase" angelangt: Alles wird hinterfragt, und für viele Dinge warten sie mit ihren ganz eigenen Erklärungen auf, die uns regelmäßig zum Schmunzeln bringen. Wusstet Ihr etwa, dass Flugzeuge nachts Lichter einschalten, damit sie nicht gegen Wolken fliegen?

Diese natürliche Neugier, dieser Entdeckertrieb wird noch verstärkt durch Fokusthemen im Kindergarten, wo man über Wochen hinweg Themen wie Dinosaurier, Zoo oder Raumfahrt genauer beleuchtet. Das eröffnet uns ganz neue Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Anstelle von Spielplatz, Spielplatz und schließlich Spielplatz werden plötzlich Aquarium oder Naturkundemuseum interessant — sehr zur Freude der Eltern, denen, zugegeben, der Spielplatz auf Dauer etwas langweilig wurde.

Dank der großzügigen "Sunday Funday"-Initiative der Verkehrsbetriebe, für 2 Dollar 50 pro Erwachsenennase den ganzen Tag lang quer durch Sydney, sieht ein typischer Sonntag daher nun so aus: Mit dem Auto geht's zu einem Fähranleger am westlichen Hafen, dem Parramatta River. Von dort bringt uns das Schiff in die Innenstadt. Das kann Darling Harbour sein, wo wir das Technikmuseum erkunden oder im Aquarium Rochen und Haie bestaunen. Oder es geht nach Circular Quay und weiter zum Australia Museum am Hyde Park. Dort erwarten uns ein sitzendes Menschenskelett, realistisch drappiert mit Hundeskelett an der Leine und Kanarienvogelskelett im Käfig dahinter, ausgestopfte Känguruhs, aufgespießte Giftspinnen und natürlich lebensgroße Saurier. Niklas und Jonas sind begeistert! Jedenfalls solange, bis ein sehr realistisch anmutender Tyrannosaurus Rex, unter der Hülle ein versteckter Museumsmitarbeiter sowie ein Lautsprecher, aus dem bestialisches Gröhlen dringt, durch die Besuchermassen peitscht und die Menge in Aufruhr bringt. Das eine oder andere Kind lässt sich aus Furcht zu Boden fallen, darunter unsere beiden ... — die gleich noch Claudia mitreißen, an die sie sich geklammert haben. Der Tyrannosaurus gibt allen drei noch einen Stups mit der Nase, ehe er sich anderen "Opfern" zuwendet. Peter hat einfach nur einen guten Tag, höchstens ein klein wenig getrübt durch den Ärger darüber, die Kamera nicht zeitig zur Hand gehabt zu haben.